Mitgliedervertreter-Versammlung der Gartenbau-Versicherung: Neugeschäft stieg vor allem in Italien und der Schweiz. Höhere Schadenleistungen und verpflichtende Rückstellungen belasten Jahresergebnis.
Überdurchschnittlich hohe Schäden, aber auch ein überdurchschnittliches Beitragswachstum prägten das Geschäftsjahr 2022 der Gartenbau-Versicherung. Auf der diesjährigen Mitgliedervertreter-Versammlung in Kamp-Lintfort präsentierte der Vorstand vor den gewählten Mitgliedern des Versicherungsvereins wieder die wichtigsten Entwicklungen auf beiden Seiten der Bilanz. Auch aktuelle Themen wie die Subvention der Mehrgefahrenversicherung und ein Einblick in laufende Zukunftsprojekte standen auf der Agenda.
Beiträge wachsen trotz Strukturwandel des Sektors
Erstmals zu zweit präsentierten Christian Senft und Dr. Dietmar Kohlruss als neu formierter Vorstand den Rückblick auf das vergangene Geschäftsjahr. Vorstandsvorsitzender Christian Senft zeigte sich zufrieden mit der Entwicklung der Beiträge, die im Jahr 2022 um 8,8 % auf ein Gesamtvolumen von 110,7 Mio. Euro brutto gewachsen waren. Vor allem in Italien, in der Schweiz und im indirekten Geschäft mit der Vereinigten Hagelversicherung stieg das Neugeschäft selbst inflationsbereinigt deutlich an. Das Auslandsgeschäft macht nun 46 % aus. „Es ist nicht selbstverständlich, dass wir das Beitragsvolumen in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld durch neue Mitglieder steigern konnten“, hob Christian Senft hervor. „Die Gartenbaubetriebe in Europa vertrauen auf uns in schwierigen Zeiten, und das können sie auch“, so Senft weiter. Denn jeder Mitgliedsbeitrag sei auch eine Anerkennung für die kompetente Beratung und den Service durch die Mitarbeitenden vom Fach. „Unsere schnelle, faire und persönliche Schadenregulierung spricht sich gerade nach großen Schadenereignissen immer wieder herum – und das auf mittlerweile sechs Sprachen in acht Ländern.“ Im Jahr 2022 wurden erstmals Verträge im Nachbarland Polen gezeichnet, in dem die Gartenbau-Versicherung sich als einer von drei Partnern der AgroRisk Polska engagiert.
Anhaltend hohe Schadenquoten beschäftigen das Risiko-Management
Als Herausforderung nannte Senft die ständige Anpassung des Risiko-Managements vor allem an den Klimawandel. „Wir prüfen permanent, wie wir auch in Zukunft für ausreichend Sicherheit zu bezahlbaren Preisen sorgen können. Dazu gehört zum Beispiel, dass sich Wettergefahren in besonders belasteten Regionen künftig noch stärker in den Tarifen widerspiegeln oder dass wir dort höhere Anforderungen an die Konstruktion von Anlagen stellen müssen. Hierzu beraten wir schon heute präventiv vor Ort.“ Im Geschäftsjahr 2022 lag die Brutto-Schadenquote im europäischen Direktgeschäft mit 69,4 % erneut über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Dazu führten vor allem Wetterextreme in Frankreich, Italien und den Niederlanden. Im Jahr zuvor hatten hingegen hohe Schäden in Deutschland für ein Ausnahmeergebnis auf gleichem Niveau gesorgt. „Die Internationalisierung und eine breite Risikostreuung ist daher nach wie vor unser Erfolgsrezept zur Absicherung des Gartenbaus“, so Senft weiter.
Eine positive Entwicklung sei die wachsende politische Unterstützung für den Versicherungsschutz im Gartenbau. So gab es im laufenden Jahr zwei Bundesländer in Deutschland, die Subventionsprogramme für Mehrgefahrenversicherungen aufgelegt hatten. Wie der Zentralverband Gartenbau in seinem Positionspapier mahnte allerdings auch Senft die Notwendigkeit zu bundeseinheitlichen Lösungen an. Dies sei nicht nur wegen einer drohenden Wettbewerbsverzerrung wichtig, sondern auch, um Bürokratie für die Betriebe zu vermeiden.
Geschäftsjahr schließt vor allem wegen Rückstellungspflichten mit deutlichem Minus ab
Beim konkreten Blick auf die Bilanz erläuterte Finanzvorstand Dr. Dietmar Kohlruss, dass sich nicht jeder ausgezahlte Euro in gleichem Maße auf den Jahresabschluss auswirkte. Denn neben der Schadenhöhe machten auch Art, Ursache oder Ort der Schäden einen Unterschied. So konnte im Geschäftsjahr 2022 eine besonders hohe Anzahl kleinerer Schäden nicht bei den Rückversicherungspartnern geltend gemacht werden. Zudem lagen die meisten geschädigten Betriebe im Ausland, so dass in Deutschland trotz der hohen Schadenleistungen Steuern in Höhe von 1,7 Mio. Euro fällig wurden. Auch der hohe Anteil von Sturmschäden beeinflusste das Jahresergebnis negativ, da diese nicht über die bereits aus den Vorjahren belasteten Schwankungsrückstellungen für diesen Zweig ausgeglichen werden konnten. Für den größten Effekt sorgte jedoch die gute Entwicklung des indirekten Geschäfts, denn die günstige Relation zwischen Beiträgen und Schäden führte zu der gesetzlichen Verpflichtung, 6,6 Mio. Euro in die Schwankungsrückstellung für diesen Zweig einzustellen. In Summe führten diese besonderen Umstände zusammen mit höheren Pensionsrückstellungen aus dem Tarifabschluss und weiteren gestiegenen Kosten daher zu einem außergewöhnlichen Jahresfehlbetrag von 8,8 Mio. Euro. Allerdings verbleiben davon insgesamt 7,7 Mio. Euro über die verpflichtenden Schwankungsrückstellungen als Rücklage im Unternehmen. „Auf die nachhaltige Sicherheit unserer Finanz- und Geschäftspolitik hat diese besondere Situation daher keinen Einfluss – im Gegenteil, wir erhöhen damit das Reservepolster für künftige Überschadenjahre“, betonte Dr. Dietmar Kohlruss. Er hob außerdem hervor, dass ein Teil der aktuell höheren Kosten wichtige Investitionen seien: „Gerade im IT-Bereich stellen wir gerade die Weichen, um Qualität und Umfang unserer Dienstleistung für alle Mitglieder auch in Zukunft abzusichern.“ Als Investition, die den Mitgliedern bereits zugutekommt, nannte Kohlruss das gerade gestartete neue Mitgliederportal mit vielen digitalen Funktionalitäten aus dem Mitgliederservice. Bei der anschließenden Abstimmung nahm die Mitgliedervertreter-Versammlung den Geschäftsbericht des Vorstands ohne Gegenstimmen entgegen.
Neu-Wahlen und Bestätigungen im Amt
Bei den turnusgemäßen Wahlen wurden die Aufsichtsräte Beate Schönges, Hermann Berchtenbreiter und Lothar Dahs in ihren Ämtern bestätigt. Auch die Amtszeit zahlreicher Mitgliedervertreter wurde durch die 40-köpfige Versammlung erneuert. Neu zur Wahl als Mitgliedervertreter stellten sich Philipp Schwab (Foto Mitte), Inhaber einer Baumschule aus Ingolstadt, sowie Inga Balke, Inhaberin einer Gärtnerei in Nützen (Schleswig-Holstein) sowie Geschäftsführerin einer Pflanzenhandelsgesellschaft. Als stellvertretende Mitgliedervertreter kandidierten erfolgreich Obstbaumschuler Johannes Schmitt (Foto rechts) aus dem bayerischen Poxdorf sowie Jessica Mayer, Geschäftsführerin von zwei Erlebnis-Gartencentern im Raum Stuttgart. Bei allen ausscheidenden Mitgliedervertretern bedankte sich Aufsichtsratsvorsitzender Frank Werner (Foto links) herzlich für die langjährige, vertrauensvolle Mitarbeit. Einen persönlichen Dank konnte er an Dr. Hans-Hermann Buchwald und Hermann Haage richten, die beide anwesend waren und nach 20 Jahren als Mitgliedervertreter auf eigenen Wunsch nicht mehr kandidierten.